Energiebezugsfläche: messen oder schätzen? Ein praktikabler Lösungsansatz

Immobilien kennen zahlreiche Flächenangaben: Hauptnutzfläche, Geschossfläche, Bruttogeschossfläche, Energiebezugsfläche, etc. 

Letztere wird in zahlreichen Berichten, Auswertungen, usw. herangezogen um unter anderem eine Aussage zur Energieeffizienz eines Gebäudes machen zu können (z.B. Minergienachweis [1]). 

Die Energiebezugsfläche wird gemäss SIA380/2015 definiert als [2]: ".. die Summe aller ober- und unterirdischen Geschossflächen, die innerhalb der thermischen Gebäudehülle liegen und für deren Nutzung ein Konditionieren notwendig ist."

Zweierlei ist in der Praxis immer wieder anzutreffen: 

a) zum einen wird bei zahlreichen Auswertungen die gesamte Energie auf die Energiebezugsfläche bezogen. Das ist von dem her falsch weil sich die Energiebezugsfläche auf ausschließlich beheizte Flächen bezieht. Strom (auch Energie) wird jedoch auch in unbeheizten Räumen eingesetzt. D.h. die Berücksichtigung von Stromenergie kann eine Aussage zu häuslicher Energieeffizienz verzerren. Gelegentlich werden auch ganz andere Bezüge hergestellt, z.B. Wasserverbrauch pro Energiebezugsfläche. Auch dieser Bezug macht eine kaum verwertbare Aussage.

b) zum anderen, ist die Energiebezugsfläche von Immobilien oft unbekannt und wenn sie bekannt ist kommt es u.a. immer wieder vor, dass die Energiebezugsfläche grösser als die Geschossfläche ist was jedoch per Definition nicht sein kann. Es gibt nun verschiedene Wege die Energiebezugsfläche in Erfahrung zu bringen:

1. Fläche physisch ausmessen... dies ist gerade bei großen Immobilienportfolio sehr zeitaufwändig und damit teuer. Auch ist es durchaus möglich, dass nicht immer gleich gemessen wird.

2. Flächen aus Planunterlagen auslesen... auch dies kann sehr zeitaufwändig sein, jedoch muss niemand physisch vor Ort gehen und die Räume ausmessen. Damit ist diese Variante etwas effizienter als Variante 1.

Wovon beide Varianten ausgehen: das die Energiebezugsfläche wie geplant (die Energiebezugsfläche ist eine Plangröße) auch in der Realität vorhanden ist. Fakt ist jedoch, dass sich die Energiebezugsfläche je nach Nutzung eines Gebäudes in der Praxis sehr wohl ändern kann. Gerade unter diesem Aspekt sind Angaben zur Energiebezugsfläche immer relativ zu betrachten und eine gewisse Unsicherheit zu berücksichtigen. Auch aus diesem Grund bietet sich eine dritte Variante zur Erhebung der Energiebezugsfläche an: die Berechnung mittels einer Formel. Für ein Immobilienportfolio kann dabei erwiesenermaßen eine Abschätzung im Stil von:


wobei

EBF: Energiebezugsfläche
GF: Geschossfläche
kNutz: nutzungsspezifischer Koeffizient
kZust: zustandspezifischer Koeffizient
kBauj: baujahrspezifischer Koeffizient

Letzterer kommt bei Sanierungen zum Tragen. 

Der Vorteil dieses Ansatzes, insbesondere bei grossen Portfolio:

- schnelle Abschätzung der Energiebezugsfläche für viele Gebäude
- relative robust, ein Bestimmtsheitsmass von r > 0.8 ist möglich
- Konsistenz, d.h. die EBF ist immer kleiner als die GF
- sehr kostengünstig

Im Einzelfall und für spezifische Anliegen, insbesondere bei kostenfolgenverursachenden Entscheiden müssen die so angenäherten Energiebezugsflächen selbstverständlich geprüft werden.


 Literatur:

[1] Minergie, https://www.minergie.ch/media/glossar-dt.pdf

[2] sia 380, http://shop.sia.ch/normenwerk/architekt/sia%20380/d/D/Product

Kommentare